Allerdings haben acht der 40 Dax-Unternehmen weiterhin keine Frau im Vorstand. Hier zeigt sich die begrenzte Wirkung von FüPoG II: Nur zwei dieser acht Unternehmen müssen bei der nächsten Vorstandsberufung aufgrund des Gesetzes eine Frau wählen (Sartorius und MTU). Für sechs Dax 40-Unternehmen greift das Gesetz nicht, da sie nicht mitbestimmt sind (Brenntag, HelloFresh, Linde, Porsche) oder der Vorstand nur drei Mitglieder hat (Delivery Hero, Symrise).
„Die intensive öffentliche Diskussion um Frauen in Führungspositionen trägt Früchte und hat wesentlich zur historisch größten Steigerung des Frauenanteils im deutschen Top-Management beigetragen. Bislang ist die Steigerung aber auf das schmale Segment beschränkt, welches durch das Gesetz erfasst wird. Es bleibt zu hoffen, dass als Folge des gewandelten gesellschaftlichen Bewusstseins auch weitere Unternehmen die Peinlichkeit einer fehlenden Gender-Diversity in ihrem Vorstandsorganen zügig beenden werden“, sagt Jens-Thomas Pietralla, Leiter der Europäischen Board & CEO Praxisgruppe von Russell Reynolds Associates.
Drei Unternehmen (Continental, Fresenius MC, Siemens Healthineers) haben im Vorstand bereits einen Frauenanteil von 40%, vier kommen auf über 30% (Daimler, Deutsche Telekom, BASF, RWE). Insgesamt liegen 21 von 40 Dax-Unternehmen auf oder über 20%.
„Der Wandel ist in den Unternehmen angekommen. Das zeigt sich auch daran, dass 55% der neuen weiblichen Vorstände interne Beförderungen sind, also Besetzungen mit Frauen aus dem eigenen Unternehmen.Inzwischen schaffen es immer mehr Unternehmen, weibliche Führungskräfte durch gezielte Personalentwicklung systematisch und erfolgreich auf Aufgaben im Top-Management vorzubereiten. Das ist wichtiger als jede Quote. Und damit ist auch das Vorurteil, Dax-Unternehmen fänden keine geeigneten Kandidatinnen für Führungspositionen in den eigenen Reihen, von der Wirklichkeit widerlegt“, sagt Thomas Tomkos, Leiter der deutschen Board & CEO Praxisgruppe von Russell Reynolds Associates.
Der Dax 40 hat auf Vorstandsebene beim Frauenanteil im internationalen Vergleich Boden gut gemacht und die Niederlande und Spanien überholt. In Europa wuchs nur beim Schweizer Börsenindex SMI der Frauenanteil im Jahresvergleich noch stärker. Vor dem deutschen Leitindex liegen jetzt noch Norwegen, Finnland, UK, Schweden, Frankreich und Dänemark.
Getrübt wird das Bild durch den M-Dax mit seinen 50 mittelgroßen Unternehmen. Der M-Dax hinkt beim Frauenanteil und bei der Veränderungsgeschwindigkeit dem Dax weit hinterher und ist auch im internationalen Vergleich Schlusslicht: der Anteil von Frauen in den Vorständen stieg nur von 11% auf 11,7%. Mehr als die Hälfte (58%) der Unternehmen (29 Firmen) haben weiterhin keine Frau im Vorstand.
Die Studie zeigt auch, dass nur ein vergleichsweise geringer Anteil von Frauen direkte Ergebnisverantwortung (P&L) trägt. 40% der neu berufenen weiblichen Dax- und M-Dax-Vorstände sind entweder für Personal (HR) oder Digitalisierung und Transformation zuständig.
Zudem zeigt die Analyse von Russell Reynolds, dass Frauen keineswegs schneller wieder von ihren Vorstandspositionen abtreten als ihre männlichen Kollegen. Im letzten Jahr schieden 13 Männer (3%) und zwei Frauen aus (2,7%). Auch werden Frauen nicht grundsätzlich besser bezahlt als männliche Dax- oder M-Dax-Vorstände. Über alle 90 Dax- und M-Dax-Unternehmen gesehen (und Vorsitzende ausgenommen), liegt die durchschnittliche Vergütung von Frauen zwar höher. Im Gehaltsdurchschnitt der Unternehmen, in denen Frauen im Vorstand sitzen (in der Regel die größeren und oft besser zahlenden Unternehmen), liegt die Vergütung der Frauen etwas niedriger als bei ihren männlichen Vorstandskollegen.